Mein persönlicher Weg mit dem Lipödem

Ich war eigentlich immer recht schlank und gesund. Gut, es ist mir nicht unbedingt in die Wiege gelegt worden, hungern und Diäten waren mein ständiger Begleiter.

Doch plötzlich war alles anders… Im November 2015 bekam ich die Diagnose Lipödem!

Was war geschehen?

Es begann im Februar 2014 nach einem, für mich sehr drama-tischen Ereignis. Ohne dass ich die Ernährung verändert hatte, nahm ich in sehr kurzer Zeit knapp 30 kg zu und ich hatte über-all Schmerzen.

Eine Odyssee von Arzt zu Arzt begann. Ich besuchte Schulmediziner und Komplimentärärzte, doch niemand konnte mir wirklich helfen, außer dass Morbus Hashimoto diagnostiziert wurde. Ich bekam synthetische Schilddrüsenhormone, die keinerlei Wirkung erzielten, die Gewichtszunahme und Schmerzen nur noch verschlimmerten.

In dieser Zeit habe ich mich viel belesen, recherchiert und einiges ausprobiert, unter anderem auch eine Fastenkur nach Mayr, welche auch nur kurzfristig Erfolg brachte.

Durch meine Recherche keimte in mir der Verdacht eines Lipödems, welcher sich leider auch bestätigte. Und ich hatte das Lipödem nicht nur an den Beinen, auch meine Arme waren davon betroffen.

Der Zeitraum vom Auftreten bis zur endgültigen Diagnose dauerte 1,5 Jahre! Exakt von Februar 2014, bis November 2015! Und wer weiß, wie lange es noch gedauert hätte, wäre ich nicht so hartnäckig geblieben …

Was ist nun ein Lipödem?

Es handelt sich um eine pathologische Vermehrung von Fettzellen. Die Ursache ist eher unbekannt. Es gibt einige Auslöser, wie hormonelle Veränderungen, (Pubertät, Schwangerschaft, Wechseljahre), Stress und Schock. Aber auch eine Narkose kann das Ausbrechen des Lipödems verursachen. Es erkranken eigentlich nur Frauen daran, aber warum es einige betrifft und andere nicht, ist leider noch nicht erforscht.

Zu der Vermehrung von Fettzellen kommen allerdings noch permanente Schmerzen sowohl in Ruhe, als auch bei der geringster Berührung und Bewegung hinzu. Bewegung wird dadurch häufig nahezu unmöglich.

Nun hatte ich meine Diagnose… und jetzt?

Das Lipödem ist eine chronische Erkrankung. Meine Recherchen und Gespräche mit ganzheitlich arbeitenden Ärzten ergaben, dass die Wurzel der Gesundheit und somit auch der Krankheit im Darm liegen. In weiterer Folge werden auch die Mitochondrien (Kraftwerke in den Zellen) geschwächt und können daher ebenfalls an der Entstehung einer chronischen Erkrankung beteiligt sein.

Ich erfuhr auch, dass man das Lipödem absaugen kann, es eine Rehaklinik in Österreich für Lip- und Lymphödem Pati-enten gibt und dass eine kohlenhydratreduzierte Ernährung hilfreich ist.

Diese verschiedenen Infos ließen in mir folgenden Plan reifen: 1. Liposuktion, 2. Ernährungsumstellung, Darmsanierung, Therapie der Mitochondrien, 3. nach Abheilung auf Reha und dann bin ich schnell wieder gesund und dünn. Klingt super, oder?

Denn neben der Erkrankung, war die Tatsache, dass ich statt knappen 60kg plötzlich fast 90 kg wog, ein Alptraum.

Gesagt, getan. Es kam die OP, die Umstellung der Ernährung auf ketogen, anschließend 5 Wochen Reha, ich nahm diverse Nahrungsergänzungsmittel und Prä- und Probiotika für den Darm.

Die 5 Wochen Reha waren hart, aber auch sehr hilfreich.  23 Stunden pro Tag war ich von den Zehen bis zur Hüfte, von den Fingern bis zur Schulter bandagiert. Natürlich beidseitig! Anziehen, die Haare zu einem Zopf binden, wurde zur Herausforderung!

In der Zeit ohne Bandagen bekam ich Lymphdrainagen und wurde neu „gewickelt“. Auch die tägliche Bewegung, bestehend aus Turnen und Nordic Walking, war Bestandteil der Therapie. Nach einigen Diskussionen mit der Diätologin war auch eine ketogene Ernährung für mich möglich.

Und es ging aufwärts! Bzw. abwärts mit dem Lipfett! Ich war total motiviert, passte auch wieder in meine alten Schuhe, die Schmerzen waren weg, ich war happy!!

Nach ca. 9 Monaten kam wieder ein schwarzer Tag – ich bemerkte, dass sich an meinem Popo wieder ein Liphöcker gebildet hat und auch an den Knöcheln war deutlich Lipfett zu sehen!

Ich war wirklich verzweifelt! Waren alle Strapazen umsonst? Der Verzicht beim Essen, die vielen Nahrungsergänzungen? Ich war wirklich sehr frustriert.

Aber ich bin ein Stehaufweibchen! Nach einigen Tagen des Jammerns und Frustessens erwachte in mir wieder der Kampf-geist! Ich habe diese Strapazen doch nicht auf mich genommen, um jetzt aufzugeben! Eine nochmalige OP kam für mich nicht in Frage, da meine weiteren Recherchen ergaben, dass das Wie-derauftreten des Lips nach der OP sehr häufig vorkommt.

Also wieder ran an den PC und recherchiert. Nachdem ich im Alleingang an meine Grenzen gestoßen bin, suchte ich nun einen Arzt, der mit der ganzheitlichen Therapie des Lipödems Erfahrung und Erfolg hatte. Und siehe da – ich wurde fündig! Ein Arzt in Göttingen hatte ein Konzept, welches mich ansprach und ich vereinbarte für 2017 einen Termin. Während der Wartezeit auf den Termin fand ich einen Arzt in Wien, der sich seit vielen Jahren mit dem Mikrobiom beschäftigte und auch einige Patientinnen mit Lipödem betreut. Auch hier konnte ich zeitnah einen Termin vereinbaren.

Beide Termine waren ein voller Erfolg und gaben mir Mut und Zuversicht, das Lipödem doch besiegen zu können.

Dies war wohl der Beginn der eigentlichen Therapie!

Beim Arzt in Göttingen hörte ich unter anderem zum ersten Mal den Begriff „Mind Setting“. Hier geht es um meine Einstellung zu mir. Bin ich wirklich glücklicher, wenn ich 20 kg weniger habe? Darf ich jetzt nicht auch schon glücklich sein, obwohl ich krank bin? Hängt mein Glück wirklich von einer Zahl, einem Zustand ab? Darf ich mich jetzt nicht chic anziehen und mir neue Sachen kaufen, obwohl es nicht meine „übliche“ Kleidergröße ist?

Doch ich darf!! Ich darf es mir erlauben glücklich zu sein, mein Leben zu genießen, mir neue Kleidung zu kaufen! Ich muss mich nicht bestrafen, weil ich krank bin! (Ja, das sind ziemlich wirre Gedankenmuster, die mich da begleiteten!)

Befreit von diesen abstrusen Gedanken und ein paar Milliliter Blut weniger für diverse Untersuchungen, verließ ich die Praxis und ging schnurstracks ins nächste Geschäft und kleidete mich neu ein und hatte zum ersten Mal seit Ausbruch meiner Krank-heit Spaß und Freude daran.

Schön verrückt, dass ich nicht selbst darauf gekommen bin! Aber manchmal braucht es einen Außenstehenden, der einem das Offensichtliche erklärt!

Bald folgte der Termin beim Arzt in Wien und, da dieser auf das Mikrobiom spezialisiert ist, eine genaue Untersuchung des-sen. Und das war auch der erste Schritt meiner Therapie, eine Darmsanierung. Ich hatte schon mal eine Sanierung gemacht, aber nun war sie exakt auf meinen Darm und mein Mikrobiom zugeschnitten.

Diese Therapie umfasste Fasten und die gezielte Zufuhr von Prä- und Probiotika. Und mein Arzt befürwortete auch die ketogene Ernährung! Was für ein Glück!

Nach dem Fasten und dem Kostaufbau ging es ketogen weiter. Und endlich – erste Erfolge stellten sich ein! Die Lipschwel-lung am Po und an den Knöcheln wurde weniger, das Gewebe insgesamt weicher.

Doch nach wie vor blieb die Waage mein Feind! Keine Veränderung am Gewicht und auch nicht wirklich an Zentimetern. Ich versuchte meinen Frust darüber gering zu halten und mich in Geduld zu üben. Jeder der mich kennt, weiß, welche Herausfor-derung das für mich war und ist.

Der zweite Schritt war die Unterstützung der Mitochondri-en. Dafür durfte ich eine Menge an Nahrungsergänzungen nehmen. D3, K2, Mg, Omega 3, B12, Folsäure, B-Komplex, Jod, Vitamin C, Eisen, Zink, Vitamin A, B2, B3, L-Glutamin, L-Carnitin, Selen.

Und natürlich darf die Bewegung nicht fehlen, denn Sau-erstoff ist ebenfalls wichtig für die Mitochondrien. ABER – und jetzt kommt es – nicht jede Bewegung ist gut für die Mitochondrien, sie muss im aeroben Bereich stattfinden. Das hieß statt mich bei Zumba ordentlich auszupowern war jetzt langsames Training am Ergometer mit einem Puls von maximal 90 angesagt. Aber für meine Gesundheit habe ich auch das in Kauf genommen!

Während dieser Therapien fand ich noch einen Arzt, der die Schilddrüse ganzheitlich behandelt, sodass ich auch hier einen Erfolg verbuchen konnte.

Der Erfolg ging weiter, das Lip verschwand immer mehr und war endlich sowohl auf der Waage als auch mit dem Maßband messbar.

2018 begann dann der 3. Schritt meiner Therapie – der Ausgleich der Hormone. Hierfür wurden die Sexualhormone in Blut und Speichel getestet und Progesteron transdermal zugeführt.

Und das war für meinen Körper scheinbar das letzte, fehlende Mosaiksteinchen. Die Kilos purzelten, das Lipödem hat sich tatsächlich in die Untiefen meines Körpers zurückgezogen.

Das Lipödem war und wird immer ein Teil meines Lebens, meines Körpers sein. Obwohl ich immer schlank war, hatte ich stark ausgeprägte Oberschenkel, sogenannte Reiterhosen und auch nie schmale Fesseln. Ich denke, dass das erste Anzeichen für eine Präposition des Lipödems waren.

In diesen 4 Jahren gab es eine Menge an Arzt- und Therapie-versuchen, die meisten waren eine Sackgasse. Ich bin froh, „DEN“ Weg für mich gefunden zu haben, das Lipödem wieder zurückzudrängen. Hier war sicher der späte Ausbruch von Vorteil. Aber auch die Ernährung spielt eine große Rolle. Esse ich über einen längeren Zeitraum zwar LCHF, aber nicht ketogen, merke ich, dass sich das Lip wieder den Weg in die Sichtbarkeit bahnt.

Ich bin dankbar für die Unterstützung meiner Familie, vor allem die meines Mannes, der mich bei jedem Therapieversuch unterstützt und motiviert hat, und das Glück, zur rechten Zeit die richtigen Ärzte gefunden zu haben.

Ich hoffe, mit meiner Geschichte anderen betroffenen Frauen Mut zu machen, dran zu bleiben und nicht den Mut und die Hoffnung zu verlieren. Und vielleicht hilft ja der einen oder anderen ein Teil meiner Therapie.